Diagnose Krebs
Schilddrüsenkrebs
Die Schilddrüse ist ein paarangelegte Drüse am Hals, verantwortlich für die Jodspeicherung und Produktion der jodhaltigen Schilddrüsenhormone (Thyroxin, Trijodtyronin, Thyronin und Calcitonin). Die Aufgabe dieser Hormone ist die Regulierung des Energiestoffwechsels im Körper und einiger andere Körperfunktionen, wie zum Beispiel der Geschwindigkeit des Herzschlages und der Körpertemperatur. Das Calcitonin wird in speziellen Zellen der Schilddrüse gebildet und ist zuständig für den Elektrolytstoffwechsel von Calcium und Phosphat und den Abbau von Knochensubstanz. Die funktionelle Fehlregulation der Schilddrüse kann zu zahlreichen Störungen des Hormonstoffwechsels mit Unter- oder Überfunktion führen. In Jodmangelgebieten ist der sogenannte endemische Kropf (Jodmangelstruma) eine sehr häufige Erkrankung. Der Jodmangelkropf hat seit Einführung der flächendeckenden Versorgung mit Jodsalz sehr stark abgenommen, die Schilddrüsentumore hingegen deutlich zugenommen.
- Die Risikofaktoren
- Die Häufigkeit
- Die Tumorarten
- Die Symptome
- Die Diagnose
- Die Behandlung
- Die Prävention
- Das Follow-up
Die Risikofaktoren
Die Ursache der differenzierten papillären, follikulären Schilddrüsenkarzinome ist größtenteils unbekannt. Es gibt in geringem Prozentsatz (ca. 10%) eine familiäre Häufung. Einziger gesicherter Risikofaktor ist eine Strahlenbelastung der Halsregion besonders im Kindes- und frühen Jugendalter sowie radioaktive Strahlung. Das medulläre Schilddrüsenkarzinom kann sporadisch oder gehäuft auch familiär auftreten, wobei bestimmte Genmutationen für das bereits frühzeitige Auftreten dieser Karzinomart auch schon im Kindesalter verantwortlich sind. Bei familiärem, medullärem Karzinom müssen alle Familienmitglieder bzw. nahen Blutsverwandten auch auf die Genmutation untersucht und gegebenenfalls auch frühzeitig an der Schilddrüse operiert werden. Das anaplastische Schilddrüsendrüsenkarzinom ist sehr selten. Die Entstehungsursache ist unbekannt. Es zeichnet sich durch rasches Wachstum, keine Jodspeicherung, sehr bösartigen, raschen Verlauf mit Einwachsen in die Umgebung und Metastasenbildung aus. Die Behandlungsaussichten sind sehr schlecht. Die differenzierten Schilddrüsenkarzinome (papillär, follikulär und medullär) haben insgesamt eine recht gute Prognose, teilweise sogar sehr gut. Kleine papilläre Schilddrüsenkarzinome können bei entsprechender Behandlung in ca. 90% der Fälle auch eine vollständige Heilung aufweisen.
Die Häufigkeit
Im Unterschied zu vielen anderen Tumorarten sind die Schilddrüsentumoren relativ selten, sie machen in etwa 1% aller bösartigen Tumoren bei Menschen aus. Die Altersverteilung der Schilddrüsenkarzinome ist etwa um das 50.-60. Lebensjahr, wobei die papillären eher in früherem Alter auftreten, die anaplastischen Karzinome im späteren Alter. Die Verteilung Frauen – Männer ist etwa 3:1, d.h. dass deutlich mehr Frauen als Männer davon betroffen sind.
Die Tumorarten
Es gibt unterschiedliche Arten der Schilddrüsentumoren, je nach „Bauart“ mit entsprechend auch unterschiedlichem Krankheitsverlauf. Alle Krebsarten, die sich aus Drüsen entwickeln werden Adenokarzinome genannt. Über 75% der malignen Tumore der Schilddrüse sind papilläre Schilddrüsenkarzinome, ca. 20% sind follikuläre Schilddrüsenkarzinome. Krebs kann auch aus den parafollikulären Zellen entstehen, die neben den Drüsenzellen liegen, diese sogenannten medullären Karzinome, machen ca. 4% aller Schilddrüsenkarzinome aus. Eine besonders aggressive Form, die früh dazu neigt, Metastasen zu entwickeln, ist das anaplastische Karzinom, das glücklicherweise sehr selten ist (<1%).
Die Symptome
Man findet meist eine langsame Größenzunahme der Schilddrüsenknoten bzw. auch des Halsumfanges und in der Folge mögliches Engegefühl bzw. Fremdkörpergefühl im Hals sowie Schluckstörungen. Die Hormonfunktion der Schilddrüse ist bei Tumoren meist nicht verändert. Anzumerken ist, dass Knoten in der Schilddrüse häufig gefunden werden, ein bösartiger Knoten hingegen nur sehr selten vorhanden ist.
Die Diagnose
Die Abklärung und Durchuntersuchung erfolgt in erster Linie meist durch einen Internisten - Endokrinologen und zwar mit Anamnese, klinischer Untersuchung, diversen Laboruntersuchungen, insbesondere Schilddrüsenhormonbestimmung, Schilddrüsenantikörper usw., Ultraschall des Halses, bei zweifelhaftem Knoten-Feinnadelpunktion mit Zelluntersuchung durch den Pathologen. Weitere Untersuchungen bei speziellen Fragestellungen sind die Schilddrüsenszintigraphie (eine ergänzende Untersuchung der Schilddrüsenfunktion, wobei der Jodstoffwechsel der Schilddrüse dargestellt wird), eventuell eine Magnetresonanz des Halses, Computertomographie-PET-CT (bildgebende Untersuchungsverfahren) usw., die nur bei unklaren und nicht eindeutig bestimmbaren Knotenbildungen durchgeführt werden.
Die Behandlung
Bei Hinweis auf einen verdächtigen oder bösartigen Knoten wird je nach Gegebenheit eine vollständige Entfernung der Schilddrüse – in Ausnahmefällen auch nur eine halbseitige Entfernung programmiert – gegebenenfalls auch mit gleichzeitiger oder zweitseitiger Entfernung von Lymphknoten der Halsregion, sollte diese sich als mitbetroffen herausstellen. Es wird in der Regel eine rasche histologische Gesamtbeurteilung des Schilddrüsenpräparates veranlasst, insbesondere, wenn nur eine halbseitige Entfernung der Schilddrüse programmiert wurde. Innerhalb von 3-5 Tagen wird eine Entfernung der gesamten Schilddrüse in einer 2. Sitzung durchgeführt, wenn dies notwendig sein sollte. Anzumerken ist, dass die präoperative Diagnosestellung von Schilddrüsentumoren ziemlich erschwert ist: die Feinnadelpunktion mit Zellauswertung bringt in vielen Fällen keine zuverlässigen Ergebnisse. Auch eine Schnellschnittuntersuchung des OP-Präparates ermöglicht nur in etwa 50% der Fälle eine zuverlässige Beurteilung und Zuordnung eines entsprechenden Schilddrüsentumortyps. Die erforderliche Operationsausdehnung (vollständige Entfernung der Schilddrüse, zentrale oder laterale Entfernung der Halslymphknoten) ist stark abhängig vom Tumortyp, da bei kleinen, papillären Karzinomen eine Lymphknotenentfernung meist nicht erforderlich erscheint. Dasselbe gilt bei follikulären Karzinomen, da diese nicht Lymphknotenabsiedelungen bilden. Beim medullären Schilddrüsenkarzinom ist die Lymphknotenentfernung immer erforderlich, da bei dieser Tumorart frühzeitig Absiedelungen in den Lymphknoten auftreten können. Die Operation an der Schilddrüse wird immer in Vollnarkose durchgeführt. Da durch die Operation eine Verletzung der Nerven der Stimmbänder möglich ist,wird nach der Operation auch eine Hals-Nasen-Ohren-Kontrollvisite zur Beurteilung der Stimmbandbeweglichkeit durchgeführt. Bei kleinen, sogenannten, okkulten papillären Karzinomen, die kleiner als 1 cm groß sind, bedarf es keiner speziellen Nachbehandlung. Bei größeren bzw. fortgeschrittenen Tumoren wird in der Regel eine Radiojod-Nachbehandlung zur Entfernung sämtlicher, eventuell noch vorhandener Schilddrüsenzellen, durchgeführt. Dies beinhaltet eine Tabletteneinnahme von radiojodhaltigen Substanzen, welche sich in den noch vorhandenen Schilddrüsenzellen anreichern und diese durch innere Strahlung ausschalten. Bei im Vorfeld nicht ausreichend zuordenbaren Tumoren kann es erforderlich sein, in einer 2. Operationssitzung die seitlichen Halslymphknoten zu entfernen, sollten diese Hinweise für Ansiedelungen liefern.
Die Prävention
In Gebieten, wo die Kropfbildung gehäuft vorhanden ist, werden vermehrt Tumoren der Schilddrüse festgestellt. Die einzige anwendbare Prävention, um die Bildung des Kropfes zu vermeiden, ist der Gebrauch von Jodsalz (in jedem Supermarkt erhältlich).
Das Follow-up
Nach erfolgter Entfernung der gesamten Schilddrüse ist eine lebenslängliche, kontrolliert ausreichende Schilddrüsenhormonbehandlung erforderlich (Substitution), dabei wird chemisch hergestelltes Schilddrüsenhormon in Tablettenform verabreicht. Bei Schilddrüsentumoren ist eine regelmäßige Nachsorgeuntersuchung (anfangs engmaschig, später in längeren Abständen) erforderlich. Dabei werden spezielle Kontrolluntersuchungen neben Ultraschall, klinischer Untersuchung, Laborproben usw., häufig auch eine Ganzkörperszintigraphie (Darstellung des gesamten Körpers) durchgeführt, um eventuelle Absiedelungen im Körper auszuschließen. Zur Prognose: Die Heilungschancen bei den differenzierten Schilddrüsenkarzinomen sind im Allgemeinen sehr gut (durchschnittliche 10-Jahres-Überlebensraten von über 90% bei den papillären Karzinomen, über 80% bei den follikulären Karzinomen). Als Prognosefaktoren gelten auch Alter der Patientin oder des Patienten (bessere Prognose bei Jugendlichen) sowie Größe, Ausbreitung und histologische Differenzierung des Tumors. Lymphknotenmetastasen bei den papillären Schilddrüsenkarzinomen scheinen die Prognose nicht wesentlich zu verschlechtern. Das medulläre Schilddrüsenkarzinom hat eine ebenfalls gute Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 60-70%. Das anaplastische Schilddrüsenkarzinom ist sehr aggressiv, rasch wachsend und hat eine äußerst schlechte Prognose (5-Jahres-Überlebensraten nur in Einzelfällen, weit <10%).
Die Nachsorgeuntersuchungen der Schilddrüsenkarzinome werden in der Regel interdisziplinär durchgeführt (Tumorboard: Chirurgen, Internisten, Nuklearmediziner, Endokrinologen) wobei jedoch ein wesentlicher Bestandteil der postoperativen Nachbehandlung und auch Nachsorge der Nuklearmedizin obliegt (Radiojod-Nachbehandlung, spezielle szintigraphische Nachuntersuchungen).